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.»Du bist schwarz wie ein Kohlenkasten.«Brother lachte sich kaputt, wenn sie so etwas sagte, und bald hatte er Nathan so weit, dass er mitlachte.So rotteten die beiden sich zusammen und machten sich über Mamas Sprüche lustig.Georgia verspürte das Bedürfnis, sie zu beschützen; ja, Mama war eine Rassistin, sie konnte nichts länger als zehn Sekunden behalten, stellte zwanzigmal dieselbe Frage und sah Nathan immer wieder zum ersten Mal, als wäre er auf magische Weise eben erst aufgetaucht.Aber für Georgia war sie deshalb ein trauriger Fall, und sie verdiente Mitgefühl.Sie war keine Witzfigur, über die ungezogene Jungen lachen durften.Georgia vermied es, auf Interstate Highways zu fahren, selbst wenn sie keinen flüchtigen Häftling im Auto hatte.Der Verkehr dort war zu rasant für ihren Geschmack, und man hatte nie das Gefühl, dass man irgendwo anders gewesen war als am Steuer des Wagens.Als sie Six Points hinter sich gelassen hatten, gab es keinen Grund zur Eile mehr.Den ganzen Tag lang kurvten sie durch die Gegend, durch Whatley und Grove Hill und Jackson und Chatham, hinüber nach Mississippi und nach Beulah, wo sie in einem altmodischen Dairy Queen Burger aßen.Georgia faltete die Straßenkarte neu.»Ich glaube, wenn wir hier auf der 57 nach McLain fahren und dann da runter, wo sie auf die 26 stößt, dann können wir über Wiggins und weiter nach Kiln fahren.So kommen wir auf den Highway 90, unten um Bay St.Louis rum.Und von da geht’s geradewegs nach New Orleans.«Immer wenn sie den Namen aussprach, überlief sie ein leichtes Kribbeln.Sie konnte nicht fassen, dass sie jetzt endlich hinfuhr.All die Jahre hatte sie es tun wollen, und sie hatte die Stadt auf den Seiten der Zeitschriften besucht … aber heute Abend würde sie durch ihre realen Straßen gehen.Sie könnte sie alle zum Dinner bei Antoine’s einladen.Oder im Commander’s Palace.Im Galatoir’s.Sie hatte von den Menüs gelesen, die in diesen sagenhaften Lokalen serviert wurden.Erlesene Zubereitungen ohne Ende, mit Butter und Kräutern und Wein.Weiße Tischtücher.Elegante Kellner, New Orleanier in dritter Generation.Dass sie in einem Honda Civic mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrem Sohn anrollen würde, wenn sie das erste Mal nach New Orleans käme, hatte sie sich allerdings nicht vorgestellt.In ihrer Fantasie war sie immer am Arm Lon Chapmans oder irgendeines gut aussehenden Mannes die Royal Street entlangflaniert.Aber dazu war es nie gekommen.Sie dachte an all das, was sie in Six Points zurückgelassen hatte.Das Haus, diesen großen alten Kasten.Und so viel Kram.In den letzten Stunden war sie herumgegangen und hatte gelbe Klebezettel an die für den Möbelwagen bestimmten Sachen gepappt.Der Rest ging zur Umzugsfirma Charlie Ross nach Montgomery, wo ein halbjährlicher Lagerverkauf veranstaltet wurde.Shelley, die Maklerin, hatte Georgia gebeten zu warten, bis sie weg wären, damit Mama das ZU VERKAUFEN-Schild nicht sähe.Erstaunlich, wie schnell man sein Leben auflösen kann, wenn man nur richtig motiviert ist.Krystal rief aus Atlanta an.New Orleans habe sie schon immer mal sehen wollen, erklärte sie.Sie freue sich auf ihren ersten Besuch.Sie hatte bis Montag warten müssen, bevor die First National Bank öffnete.Dann teilte sie dem Mädchen mit, sie wolle jeden Cent abheben.Natürlich hatten sie nicht so viel Bargeld zur Hand, ohne den Tresor zu öffnen, und das konnten sie nicht, weil Lonnie Chapman sich krankgemeldet hatte.Was für eine Überraschung!Die Einzige, die eine solche Transaktion genehmigen konnte, war Carole Miller, die Vizepräsidentin.Sie kam kurz nach zehn hereinspaziert.Es war halb elf, als Georgia das Geld gezählt und in die dicke Reißverschlussbörse gestopft hatte.Danach verlief die Reise problemlos, abgesehen von dem ständigen Gemecker über das Radio im Honda, das zwei Wochen zuvor den Geist aufgegeben hatte.Man hätte glauben können, es sei eine grausame und unmenschliche Strafe für Nathan und Brother, der Stille oder einander zuzuhören.»Ich fasses nich«, sagte Nathan.»Was?«»Ich kannich glaum, dass du keine Mucke in dieser Karre hast«, sagte er.»Wasn das für ’ne durchgeknallte Partie, die keine Mucke inner Karre hat?«»Je näher wir an New Orleans herankommen, desto weniger Englisch kannst du? Ich dachte, das hätten wir längst geklärt.«Nathan grinste.»Wenn du ein Radio hättest, brauchtest du mich nicht sprechen zu hören.«»Du würdest dich mit Brother um die Sender streiten«, sagte sie.»Und überhaupt, wir sind in Mississippi.Ich glaube nicht, dass Radiosender hier erlaubt sind.«»Aber Georgie«, sagte Brother.»Erinnere dich an das Elfte Gebot.«»Ja, wie, zum Teufel, hieß das noch mal?«»›Sei lieb.‹«»Ach ja, stimmt.«»Das ist gut«, warf Little Mama ein.»Das hab ich euch immer eingeschärft.«Georgia ließ sich in ein angenehmes Dösen versinken, während die Meilen unter den Rädern dahinrollten.Dieser Teil von Mississippi war eine gerade Straße, gesäumt von Kiefern und noch mehr Kiefern.Die Wüste musste so ähnlich sein, dachte Georgia, so leer, dass die Meilen nur so vorbeiflogen.Little Mama sagte: »Was glaubt ihr, wohin ihr mich bringt? Ich wünschte bei Gott, ihr würdet es mir sagen.«»Mama«, erklärte Georgia, »wir fahren nach New Orleans, wie du mit Daddy in euren Flitterwochen.Wir bringen Nathan zurück zu seiner Grandma, und dann drehen wir um und fahren wieder nach Hause.«Das war das Schöne bei jemandem, der sich an nichts erinnerte: Man konnte verschiedene Versionen der Wahrheit ausprobieren und sehen, welche am besten funktionierte.Georgia hatte Little Mama nichts von den gelben Klebezetteln an den Möbeln erzählt.Die meisten Sachen gehörten rechtlich gesehen Mama, aber Georgia verfügte über eine Vollmacht, und mehr braucht man nicht.Nathan tippte ihr auf die Schulter.»Was heißt das, ihr fahrt wieder nach Hause? Ich dachte, du wolltest dableiben.«»O nein, wir müssen Mama schnell wieder nach Hause bringen.« Georgia suchte seinen Blick im Spiegel und zwinkerte.Er nickte und ließ sich entspannt zurücksinken.Es war Ende August und höllisch heiß in Mississippi.Die Klimaanlage im Civic tat ihr Bestes bei vier Personen auf engstem Raum, plus Whizzy, der zu Brothers Füßen schnarchte.Georgia schaltete den Blinker ein, als sie sich der Interstate-10-Brücke näherten.Auf der Karte hatte sie gesehen, dass es keine Möglichkeit gab, nach New Orleans zu kommen, ohne über diese lange, lange Brücke über den Lake Pontchartrain zu fahren.Georgia holte tief Luft.Sie konnte es! Was hatte sie nicht schon alles getan, ohne zu ahnen, dass sie dazu in der Lage war?An der Auffahrt stand ein pfeilförmiges Straßenschild mit der Aufschrift NEW ORLEANS.Sie umklammerte das Lenkrad und trat aufs Gaspedal.Einen Augenblick später befanden sie sich auf dem Highway und flogen mit siebzig Meilen pro Stunde dahin.Georgia fragte sich, wovor um alles in der Welt sie sich eigentlich gefürchtet hatte.Nach einem ganzen Tag auf den gewundenen, zweispurigen Landstraßen kam ihr das Fahren auf dem Interstate vor, als flöge sie über eine glatte, schwarze Startbahn.Die beiden Spuren auf der anderen Straßenseite waren voll von Autos, die aus New Orleans kamen.Konnte das schon der Berufsverkehr sein, um drei Uhr nachmittags? Unglaublich.Was für eine Stadt!Auf Georgias Seite des Highways fuhren kaum Autos.Was für ein Glück – eine breite, offene Straße, die sie zu Hause willkommen hieß.Alles lief besser als erwartet, wenn man bedachte, wie düster gestern noch alles ausgesehen hatte.Wenn sie ihrem Herzen folgte, würde sie immer gewinnen, das wusste sie.So wie jetzt! Frei! Unterwegs auf der Straße in ein nagelneues Leben.Und eine Stadt leerte sich, nur um Platz für sie zu machen.Georgia lächelte.Ihr neues Leben rief
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