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.Er versuchte, seine verschiedenen Leben miteinander zuverbinden.Er wußte, es gab einen Zusammenhang, aber nochhatte er ihn nicht in der Hand.Am dritten Nachmittag las er den Essay, der mit dem Satz beginnt:»Sittlichkeit nennt man das, was mit der zu einer bestimmten Zeitherrschenden Mode übereinstimmt, und Unsittlichkeit das, was imGegensatz dazu steht.« Dann las er den Essay Nummer 20 inBuch IV, der von dem Satz eingeleitet wird: »Die seltsamsteEigenschaft des Menschen ist die, daß er auf das, was amstrengsten verboten ist, die größte Lust bekommt.«Sie fand, daß er eine schöne Stimme hatte.Sie mochte auch Ludwig Holberg.Es war, als verschmölzenStruensees Stimme und die Holbergs zu einer Einheit.Es war einedunkle, warme Stimme, die zu ihr sprach von einer Welt, die siebis dahin nicht gekannt hatte; die Stimme umschloß sie, es war,als ruhe sie in einem lauwarmen Wasser, und das schloß den Hofund Dänemark und den König und alles aus; als schwimme sie imwarmen Meer des Lebens und sei ohne Furcht.-181- Sie fand, daß er eine schöne Stimme hatte.Das hatte sie ihm auchgesagt.»Sie haben eine schöne Stimme, Doktor Struensee.«Er las weiter.Sie hatte ein Abendkleid getragen, es war ein leichter Stoff, weil esein warmer Spätsommer war, ein sehr leichter Stoff, den sieaufgrund des milden Sommerabends gewählt hatte.Sie hatte sichdarin freier gefühlt.Das Kleid war ausgeschnitten.Ihre Haut warsehr jung, und manchmal, wenn er vom Buch aufsah, hatte seinBlick diese Haut gestreift; dann war er bei ihren Händen verweilt,und Struensee hatte sich plötzlich eines Gedankens erinnert, wiediese Hand sein Glied umschloß, eines Gedankens, den er einmalgehabt hatte, und dann hatte er weitergelesen.»Doktor Struensee«, hatte sie plötzlich gesagt, »Sie müssenmeinen Arm berühren, wenn Sie lesen.«»Warum«, hatte er nach einer kurzen Pause gefragt.»Weil die Worte sonst trocken werden.Sie müssen an die Hautrühren, dann kann ich verstehen, was die Worte bedeuten.«Da rührte er an ihren Arm.Der Arm war unbedeckt und sehr weich.Er wußte auf einmal, daß er sehr weich war.»Bewegen Sie Ihre Hand«, hatte sie gesagt.»Langsam.«»Majestät«, hatte er gesagt, »ich fürchte.«»Bewegen Sie sie«, hatte sie gesagt.Er hatte gelesen, die Hand war sanft über ihren bloßen Armgeglitten.Da hatte sie gesagt:»Ich glaube, Holberg sagt, daß das am strengsten Verbotene eineGrenze ist.«»Eine Grenze?«»Eine Grenze.Und da, wo die Grenze ist, entsteht Leben, undTod, und deshalb die größte Lust.«Seine Hand hatte sich bewegt, da hatte sie seine Hand in ihregenommen und sie an ihren Hals geführt.»Die größte Lust«, hatte sie geflüstert, »ist an der Grenze.Es istwahr.Es ist wahr, was Holberg schreibt.«»Wo ist die Grenze«, hatte er geflüstert.-182- »Suchen Sie sie «, hatte sie gesagt.Und da war das Buch aus seiner Hand gefallen.Sie, nicht er, hatte die Tür verschlossen.Sie war weder furchtsam noch linkisch gewesen, als sie sichausgezogen hatten; sie empfand es noch immer so, als befinde siesich in diesem warmen Wasser des Lebens, und nichts seigefährlich und der Tod ganz nahe und alles deshalb erregend.Alles erschien sehr weich und langsam und warm.Sie hatten sich nebeneinander gelegt, nackt, in dem Bett imhinteren Teil der Hütte, in dem der französische Philosoph hätteliegen sollen, aber nie gelegen hatte.Jetzt lagen sie dort.Eserfüllte sie mit Erregung, dies war ein heiliger Ort, und sie würdenüber eine Grenze gehen, es war das äußerste Verbotene, dasAlleräußerste.Der Ort war verboten, sie war verboten, es war fastvollkommen.Sie hatten aneinander gerührt.Sie hatte mit ihrer Hand an seinGlied gerührt.Sie hatte es gemocht, es war hart, aber sie wartete,weil die Nähe zur Grenze so erregend war und sie die Zeitfesthalten wollte.»Warte«, hatte sie gesagt.»Noch nicht.«Er hatte an ihrer Seite gelegen und sie gestreichelt, sie atmetenineinander, ganz ruhig und lustvoll, und sie verstand auf einmal,daß er war wie sie.Daß er atmen konnte wie sie.Im gleichenAtemzug.Daß er in ihren Lungen war und daß sie dieselbe Luftatmeten.Er hatte in sie kommen wollen, ein kleines Stück, er war jetzt sehrnahe daran gewesen.Sie hatte seinen Hals gestreichelt undgeflüstert:»Nicht ganz.Noch nicht.«Sie hatte gefühlt, wie sein Glied an sie rührte, ein kleines Stück insie hineinglitt, wieder ging, wieder kam.»Nicht ganz«, hatte sie gesagt.»Warte.«Er hatte gewartet, fast in ihr, aber wartend.»Da«, hatte sie geflüstert.»Noch nicht.Mein Geliebter.Du mußtdich an der Grenze ein und aus bewegen.«-183- »An der Grenze?« hatte er gefragt.»Ja, da.Spürst du die Grenze?«»Beweg dich nicht«, hatte er gesagt.»Beweg dich nicht.«Er hatte verstanden.Sie würden warten, aneinander schnuppernwie Pferde, die sich mit den Mäulern berühren, alles sollte sehr stillgeschehen, hatte er verstanden.Und sie wurde von einer Woge von Glück ergriffen, hatte erverstanden, er sollte warten, bald würde sie das Zeichen geben,bald; er hatte verstanden.»Die Grenze«, flüsterte sie ein übers andere Mal, während die Lustlangsam, langsam in ihrem Körper aufstieg, »spürst du, die größteLust, mehr, da ist die Grenze.«Draußen eine einbrechende Dämmerung.Er lag über ihr, fastunbeweglich, glitt beinah unmerklich ein und aus.»Da«, flüsterte sie.»Jetzt bald.Komm jetzt über die Grenze.Komm in mich.Oh, jetzt geh hinüber.«Und so war er schließlich, sehr still, ganz in sie hineingeglitten,hatte die verbotenste Grenze passiert, und es war, wie es seinsollte.Jetzt ist es, dachte sie, wie im Paradies.Als es vorüber war, lag sie da mit geschlossenen Augen undlächelte.Er hatte sich schweigend angezogen und einenAugenblick am Fenster gestanden und hinausgesehen.Es war Dämmerung, und er blickte über den großen Park, hinunterins Tal, auf den See, den Kanal, die Bäume, das Gezähmte unddas Wilde.Sie befanden sich auf dem Berg.Und es war geschehen.»Wir müssen zu ihnen hinuntergehen«, hatte er leise gesagt.Hier war die vollendete Natur.Hier war das Wilde und dasBezähmte.Er dachte plötzlich an das, was sie hinter sich ge-lassen hatten, den Hof, Kopenhagen.Wie es war, wenn leichterWassernebel über dem Öresund hing.Das war die andere Welt.Dort war an diesem Abend die Welt sicher vollkommen schwarz,die Schwäne lagen in sich selbst eingerollt und schliefen, er dachtean das, was sie erzählt hatte über das Wasser wie Quecksilberund die Vögel, die eingerollt in ihre Träume schliefen [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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