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.Der eigentliche Zweckdieser Ehen liegt nämlich, wie der Begriff es ausdrückt, inder Familiengründung oder in gegenseitiger Versorgungund gerade nicht in der Pflege sexueller Leidenschaft undkörperlicher Intimität.Warum sollten sich diese Partner sosehr um Leidenschaft bemühen? Ich habe in der Praxis ofterlebt, wie die Überbewertung des Sexuellen in solchenPartnerschaften aufhörte und wie Spannungen nachließen,nachdem die Partner begriffen hatten, wozu sie zusammenwaren.Sie konnten dann sagen: »Unsere Verbindung liegtweniger im Sexuellen, unsere Beziehung lebt nicht vonder Erotik, wir haben andere Aufgaben undVerbindungen.«Und dennoch hat Rosemarie Welter-Enderlin auchRecht: Wenn ein Paar tatsächlich über »Facettenungelebten Lebens« verfügt, wenn die Partner auf Grundvon Hemmungen oder Machtkämpfen ihr Sexuallebenbisher einschränkten, wenn sie sozusagen über Reservender Leidenschaft verfügen, dann haben sie tatsächlichChancen, die Sexualität in ihrer Beziehung erneut zum-92-Leben zu erwecken.Um es in tiefenpsychologischen Begriffen und amBeispiel einer am traditionellen Rollenverhaltenorientierten Beziehung auszudrücken: Eine Frau, diesexuelle Verweigerung als Ausdruck ihrer Macht wähltund die deshalb ihre eigenen, offensiv aggressiven Anteilean den Mann delegiert, der diese wiederum als Ausdruckseiner Macht rhythmisch auf der Frau auslebt, kann ihreigenes Begehren und ihr aggressives Wollen entdeckenund aktiv lenkend in die Sexualität eingreifen.Dann machtsie nicht mehr mit, sondern fordert und nimmt sich, anstattzur Verfügung zu stehen.Und wahrscheinlich genießt ihrMann diese für ihn unverhoffte neue Möglichkeit zurHingabe.Oder ein Mann hört auf, seine Frau begehren zusollen und sich für diese Art Liebesbeweis abzustrampeln;stattdessen fordert er ihr Begehren und erhält eswomöglich.Dann hört er auf zu machen und genießt.Optimalerweise geschieht dieses auf Grund verbesserterKommunikation.Dann leben beide Partner in der TatFacetten bisher ungelebten Lebens.Da man in vielenPartnerschaften beträchtliche Erfahrungsdefizite und ein»& erschreckend niedriges Wissen um dasgeschlechtsspezifisch unterschiedliche Erleben vonSexualität bei Männern und Frauen ,.«46 feststellt, kannman davon ausgehen, dass etliche Paare über ein gewissesErlebensreservoir verfügen.Ganz sicher erlebtebeispielsweise jenes Paar aus meiner Beratung, das nachfünf Jahren frühzeitigem Samenerguss erstmals längermiteinander schlafen konnte, erneut Phasen sexuellerVerliebtheit.Und natürlich halfen hierbei Therapien.Aberdas stellt Erweiterungen sexueller Ausdrucksmöglich-keiten der Partner dar und liefert keine Lösung desKonfliktes zwischen Partnerschaft und Leidenschaft, desWiderspruchs zwischen Dauer und Begehren.Natürlich-93-soll man diese Erweiterungen in Anspruch nehmen, aberkeinesfalls das Versprechen daran knüpfen, Autonomieund Ich-Nähe würden »immer wieder« in die »lustvolleVerschmelzung« führen.Denn wie weit diese neueFähigkeit oder erotische Reserve die frisch entfachteLeidenschaft in die Zeit hineinträgt und ob es sich nichteinfach um eine zeitliche Verschiebung des Themashandelt, bleibt für die Partner abzuwarten.Womöglich undzumeist stehen sie dann einige Monate oder Jahre spätervor den gleichen alten Problemen.Und was ist mit jenenPartnern, die weder unter Hemmungen litten, noch ihreLeidenschaft zurückhielten? Die ihre Sexualität auslebten?Wer wird ihnen vom Jungbrunnen der Leidenschaft zutrinken geben? Wird der redlich bemühte Therapeut aufdie angeblich zu Grunde liegenden Konflikte treffen, wenner nur tief genug nach »Ursachen« schwindendenBegehrens gräbt?Sexualität ist zumeistlediglich verschüttet undbraucht nurfreigelegt zu werden.Hier könnte das Konzept der Verschüttung greifen.DieseIdee unterstellt, die vielen persönlichkeitsbezogenenKonflikte und Missverständnisse der Partnerschaft hättenim Laufe der Jahre eine Schicht von Asche auf das Feuerder Leidenschaft rieseln lassen.Die wiederum sei Ursachedafür, dass das Feuer der Leidenschaft nicht brennenkönne.Doch noch sei nichts verloren, denn unter dieserSchicht aus Ärger und Streit, Enttäuschung undFrustration, da glimme die Glut der leidenschaftlichenSexualität munter weiter und warte ungeduldig auf frischeLuft.Demnach müsse man lediglich die Asche oder den-94-Schutt beiseite räumen, um alles so werden zu lassen, wiees einmal war.Das klingt zwar logisch, aber auch zu schön, um wahr zusein.Denn das Bild der Verschüttung ist schon in sichunsinnig.Tatsächlich hält sich die Glut eines Feuers unterseiner Asche länger.Aber wer die Asche beiseite räumt,wird erleben, wie in kürzester Zeit auch diese Glutvergeht.Wenn man kein frisches Holz nachlegen kann,vermag alle Luft der Welt es nicht, ein neues Feuer zuentfachen.Woher aber kommt das frische Holz?Anscheinend muss jeder Partner über einenunerschöpflichen Vorrat davon verfügen.Werden hiernicht individuelle Sehnsüchte der Partner und konkreteMöglichkeiten der Partnerschaft verwechselt? Glaubt mantatsächlich, allein durch Sehnsucht ließe sich das Feuer derLeidenschaft nähren?Wie man sehen kann, setzen Therapeuten das »ungelebteLeben«, die »ungelebte Leidenschaft« oder die »Verschüt-tung der Glut« zumeist grundsätzlich voraus.Um dieseReserven anzuzapfen, greifen sie dann auch zu manchentechnischen Tricks und Ratschlägen, wie ich sie imAbschnitt Die Techniklüge noch beschreiben werde.Mansollte allerdings nicht vergessen, dass es sich hierbei umtherapeutische Konzepte und nicht um Wahrheitenhandelt.Beobachten lässt sich, dass sich Begehren undVerlangen wenig um die Tricks und Ratschläge derExperten kümmern.So können die meisten Menschenauch gut gemeinte psychologische Hilfen kaum umsetzen.Ganz im Gegenteil, sie übernehmen aus der Therapie nichtselten hohe Ansprüche, denen sie dann im wirklichenLeben nicht gewachsen sind und nicht gerecht werdenkönnen.Dann befinden sie sich in einem Kreislauf ausBeratung, Hoffnung, Enttäuschung und womöglichSelbstverurteilung
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